10. bis 14. Januar 2022
Der erste Tag bringt bescheidenes Wetter. Kaum ein Gipfel ist vom Tal aus zu sehen und an unserem Treffpunkt in Haggen drücken Wolken und Niederschlag durch das Kraspestal nach unten. Nach herzlicher Begrüßung trotten wir das Tal einwärts bis zur Ersten Zwing. Wir hoffen oberhalb dieser passable Bedingungen vorzufinden, doch der Wind hat das seinige getan und die mehrmals unterbrochene Schneedecke beträgtg nur wenige Zentimeter.
Wir entscheiden durchzubeißen, d.h. trotz miserabler Verhältnisse höher zu steigen. Warum? Weil keine unmittelbare Gefahr droht und weil uns nach der Anreise nach Bewegung ist. Einige kamen in dieser Saison noch kaum zum Tourengehen und allein das Privileg draußen zu sein, motiviert. Zudem gibt's in Haggen eine gemütliche Alm - die wollen wir im Anschluss besuchen.
Der Gipfelhang der Steintalspitzen ist steil. Massig Triebschnee liegt in ihm und wir entscheiden umzukehren. Das Schöne mit Stammkunden ist, dass man sich kennt und Entscheidungen wie diese allgemeine Zustimmung finden.
Der zweite Tag verläuft ganz anders. Wir blicken aus dem Fenster unserer Apartments und stellen fest, dass der im Wetterbericht angekündigte schöne Tag eingetroffen ist. Im Selbstversorgerstil wird gefrühstückt und das nächste Tourenziel besprochen. "Hausberge" sollen es sein, und besserer Schnee als gestern wäre auch nicht schlecht. Da bieten sich das nah gelegene Mittertal an.
Eine kurze Fahrt und der Ausgangspunkt an der Staumauer des Speicher Längental ist erreicht. Der Loipe entlang überqueren wir die Dammkrone und zweigen ab, in das idyllische, mit Zirben bewaldete Mittertal.
Wir sind früh dran. Und das kommt uns zugute. Die Schafzoll, ein viel besuchter Klassiker, steht beinahe unverspurt vor uns und schreit förmlich nach einer Befahrung. Im noch schattigen Talboden wenden wir uns Richtung Westen und steigen auf, zu den weiten, schön geneigten Gipfelhängen.
Zirben sind die am höchsten wachsenden heimischen Nadelbäume. Beinahe erreichen sie an der Schafzoll Gipfelniveau, und dieses liegt bei etwa 2.400 Meter. Mit jeder Spitzkehre wird's aussichtsreicher und die Vorfreude auf die erste Abfahrt im Pulverschnee nimmt zu.
Für die Abfahrt fällt die Wahl auf die steile Ostflanke. Nur selten ist diese in gutem Zustand, doch heute passt's. Herrliche Schünge im sonnigen Pulverschnee sind die Belohnung für den Aufstieg.
Wieder im Tal angekommen, fellen wir ein zweites Mal auf. Im Mittertal lassen sich etliche der Anstiege kombinieren und wir wollen noch etwas weiter ins Tal vordringen, um die Karlesspitzen näher zu betrachten.
Mit dem Mittertal haben wir am heutigen Tag Gold gefunden. Eine üppige Schneedecke und spannungsarmer, pulvriger Schnee bieten ideale Voraussetzungen um nach Herzenslust zu spuren. Wir entscheiden uns für den Anstieg zur Vorderen Karlesspitze und haben bereits jetzt die Abfahrtslinien im Auge. Am Gipfel halten wir uns nur kurz auf, denn der Bauch meldet sich und wir wollen unbedingt noch zur Dortmunderhütte.
Tag Drei bringt uns ins Lüsenstal. Dort sind die Touren erheblich länger als um Kühtai und wir wollen heute eine richtig lange Hochwintertour unternehmen. Bereits früh - und bei beinahe 20° Minus - gehen wir vom Alpengasthof der Loipe entlang taleinwärts. Es folgt ein Aufstieg in bissiger Kälte bis unterhalb des Westfahlenhaus, und von dort bleiben wir nicht mehr stehen, bis wir die ersten Sonnenstrahlen weit hinten im Tal erhaschen. Ein besonderes Gefühl.
Der Hohe Seblaskogel ist ein stattlicher Dreitausender mit interessantem Skigelände. Über einen Riesenhang erreichen wir die Reste des Grüne-Tatzen-Ferners. Wir gehen gemütlich, denn wie gesagt, so richtig viele Meter hat heuer noch keiner in den Beinen.
Vom Skidepot gelangen wir in Stapferei zum höchsten Punkt. Im späten Nachmittagslicht stehen wir oben, alleine und ohne viele Worte. Wir sind weit weg, unter uns, mit einem Glücksgefühl im Herzen. Für manche war dieser Aufstieg die Grenze des Möglichen, und genau deshalb sind wir so beeindruckt und dankbar.
Es bleibt Zeit, die Berge rundum zu betrachten. Die Sicht ist klar und weit entfernte Gebirgsgruppen grüßen. Nachdem die Sonne bereits tief steht und der Weg ins Tal lang ist, machen wir uns auf den Weg.
Am Ende des Tages purzeln wir mit roten Backen, ausgemergelt aber überglücklich in den Alpengasthof Lüsens. Dort werden wir hervorragend verköstigt und der Wirt erzählt uns von seinem ersten Jahr hier als Pächter. Auf jeden Fall ein Einkehrtipp wenn man hier Touren macht.
Nach dieser Gewaltstour wollen wir an den letzten beiden Tagen gemütlich Touren. Eine Halbtagestour auf den Wannenkogel und anschließendes Wellness-Erlebnis im Aquadom sind ein ideales Programm für den Folgetag. Am Wannenkogel geht's so zu...
Am letzten Tag überschreiten wir den Pirchkogel nach Norden und fahren eine schöne Abfahrtsvariante ins Stamser Karle ab.
Ein zweiter Anstieg führt zurück an die Westseite des Pirchkogels. Dort sitzen wir in der Sonne, jausnen bis kein Proviant mehr übrig ist, und schwingen im herrlichen Sulz hinunter nach Marlstein.
Nachdem wir derartig viel Spaß in Kühtai hatten, werden wir auch im kommenden Winter dort Skitouren anbieten. Schreiben Sie uns wenn Sie Lust dazu haben und wir zeigen Ihnen die Skitourenzuckerln der Region.
Stubaier Bergführer GesbR