Gemeinsam mit Hati Finsterer

Skidurchquerung Stubaier Alpen

Gemeinsam mit Hati Finsterer von Alpsclimbing durchqueren wir einen Teil der Stubaier Alpen mit Ski. Doch wie kommt es dazu? Hati ist seit vielen Jahren regelmäßig mit zwei holländischen Familien in den Bergen unterwegs und einerseits, weil die Gruppe eine für ihn kritische Größe erreicht, andererseits weil er die Erfahrung von Lokals nützen möchte, erhielten wir seine Anfrage.

14. - 18. März 2022

Ein erster Tag am Stubaier Gletscher dient der Akklimatisierung im Sinne der Höhenanpassung sowie dem Einstellen auf die gegebenen Bedingungen. Es hat bereits mehrere Wochen nicht mehr geschneit und stehen es weitere Schönwettertage an. Im Sidecountry der Pisten und im Zuge einer kurzen Skitour lernen wir die Teilnehmer und ihre Fähigkeiten kennen. Die Teilnehmer selbst sammeln Erfahrungen mit einer nicht gerade einfach zu fahrenden Altschneedecke.

Erster Aufstieg mit Fellen im Bereich des Daunjochs.
Die Abfahrt führt nordseitig in die Glamergrube und weiter zur Skiroute in der Wilden Grube. In manchen Abschnitten – vor allem am hoch gelegenen Daunkopfferner – war der Schnee noch erstaunlich gut.

Am zweiten Tag erreichten wir mit dem Taxi den Weiler Seduck (ca. 1.450 m). Dort signalisiert eine Schranke den Übergang in das Hintere Oberbergtal und somit in den Gebirgsraum des Alpein. Der Aufstieg zur Franz-Senn-Hütte (2.145 m) zieht sich ganz schön, bietet aber interessante Ein- und Ausblicke. Die Wetter- und Schneeverhältnisse betreffend vermerken wir den Eintritt einer ständig tiefer sinkenden Bewölkung, die die Strahlungsverhältnisse beeinflußt und verhältnismäßig warmen, teils nassen Schnee verursacht. Entlang der Aufstiegsroute gilt es Nassschneerutsche und -lawinen zu berücksichtigen. Nach insgesamt über drei Stunden erreichen wir die Hütte.

Die Bildung von Büßerschnee bzw. Büßereis ist nur durch lang anhaltendes Strahlungswetter möglich. Bizarr und fragil stehen die Zacken gen Himmel.
Ankunft bei der Franz-Senn-Hütte. Der Himmel färbt sich durch den anströmenden Saharastaub gelb-rot.

Da wir bereits früh aufgebrochen sind bleibt Zeit für einen kurzen Aufstieg am Nachmittag. Wir legen kein Tourenziel fest, sondern suchen nach Bewegung und weiteren Eindrücken.

Der Saharastaub ist nun offensichtlich. In ungewöhnlichem Farbton und mit Sand auf der Schneeoberfläche steigen wir ins Stiergschwez auf.
An diesem Punkt drehen wir um. Die Skitour zur Sommerwand ist unser morgiges Ziel. Von hier aus können wir die Bedingungen gut einschätzen.
Die Abfahrt war durchaus spaßig. Sulzig und nicht zu stark durchfeuchtet trägt die Schneedecke wunderbar und im frühlingshaften Schnee nehmen wir die Direktvariante zurück zur Franz-Senn-Hütte. Jeder Schwung legt den nun weiß strahlenden, darunter liegenden Schnee frei.

Der Blick aus dem Fenster am ersten Hüttenmorgen ist vielversprechend. Der ärgste Staub hat sich zwischenzeitlich verzogen und wir können bei frühlingshaften Bedingungen die Tour zur Inneren Sommerwand beginnen.

Den unteren Teil der Tour kennen wir bereits vom Vortag. Oberhalb wartet Neuland für unsere Teilnehmer.
Blick zu den felsigen und steilen Knotenspitzen. In den eingelagerten Karen dieser Bergkette sind Spuren anderer Skitourengeher zu erkennen.
Der Übergang zum kleinen Sommerwandferner. Angegurtet, jedoch ohne Seil steigen wir höher zum Skidepot unterhalb der Kräulscharte.
Vom Skidepot erreicht man entlang von Fixseilen den Grat. Heute sind dazu keine Steigeisen erforderlich, dennoch beeindruckt die alpine Kulisse und der steile, kompakte Fels.
Begegnung am Grat. Das in zwei Gruppen aufgeteilte Team trifft sich am Blockgrat zwischen Kräulscharte und Gipfel.
Die Kletterei ist nicht schwierig, verlangt aber Trittsicherheit und ab und zu auch den Einsatz der Hände. Am Seil gesichert meistert jeder die Herausforderungen.
Am Gipfel der inneren Sommerwand (3.122 m).
Abfahrt über den Sommerwandferner zurück ins Stiergschwetz. Zugegeben, berauschend ist was anderes. Aber für uns war’s ein toller Tag mit Gipfelglück und vielen abwechslungsreichen Momenten.

Nach einer weiteren Nacht auf der Franz-Senn-Hütte – die übrigens ein absoluter Top-Spot für Skitouren jeder Art ist – begeben wir uns auf die lange Route zur Amberger Hütte. Es warten mehrere Herausforderungen: zum einen die insgesamt fordernde Strecke in großer Höhe, zum anderen der Übergang ins Nachbartal selbst, der auf zwei Wegen möglich ist. Es machen sich mehrere Gruppen auf den Weg, die meisten mit dem Ziel einen Skigipfel im Hinteren Alpein zu erreichen – die Ruderhofspitze (3.474 m) oder das Wilde Hinterbergl (3.288 m) sind zwei davon.

Im ersten Abschnitt der Tour, von der Franz-Senn-Hütte zum Höllenrachen. Man tritt aus der Hütte, schnallt die Ski an und blickt in die Umgebung.
Die Franz-Senn-Hütte ist ein beliebter Tourenstützpunkt. Zahlreiche Ausbildungskurse finden hier statt und einige der Gruppen machen sich wie wir auf den Weg taleinwärts.
Im ersten Aufschwung des Alpeiner Ferners. Die Bedingungen sind nicht schlecht, wir kommen gut voran und sind beeindruckt von der Dimension der uns umgebenden Gebirgslandschaft.
Alles im Gleichgewicht – bei uns und bei diesem außergewöhnlich verharrenden Gesteinsblock.
Auf Höhe des Gletscherbruchs machen wir Rast. Ein guter Zeitpunkt um noch einmal durchzuatmen bevor das weite, obere Gletscherbecken betreten wird.
Oberhalb des Bruchs befindet man sich in weitläufiger Gletscherlandschaft. Die beiden zur Wahl stehenden Übergänge ins Schwarzenbergkar sind gut sichtbar und wir entscheiden uns für das Schwarzenbergjoch
Im letzten Teil des Alpeiner Ferners. Das Schwarzenbergjoch ist bereits gut erkennbar.
Blick zurück ins Alpeiner Tal.
Über unangenehmes Blockgelände steigen wir an der Rückseite des Jochs ab. Aufgrund der geringen Schneemenge ist der Übergang felsiger als üblich und wir steigen langsam und mit Bedacht auf die losen Blöcke ab in das Gletscherbecken des Schwarzenbergferners.

Anmerkung zu den Verhältnissen: Die Wildgratscharte (3.170 m) stellt neben dem Schwarzenbergjoch (3.106 m) die zweite Übergangsmöglichkeit dar. Sie ist steiler und technisch etwas anspruchsvoller, jedoch zu bevorzugen, denn viele lose Blöcke machen den Übergang über das Schwarzenbergjoch unangenehm. Die Schneemenge ist entscheidend.

Von Westen her trübt es erneut ein. Vorbei am markanten Schrankogel (3.496 m) führt die Abfahrt hinab in die Sulze – dem Talboden vor der Amberger Hütte. Gut erkennbar sind die Ablagerungen von Saharastaubs auf dem Schwarzenbergferner.
Je tiefer wir kommen umso mehr ist der Schnee durchfeuchtet. Es gilt vorsichtig zu fahren und keine Verletzung durch einen Sturz im tiefen Nassschnee zu riskieren.
Nach insgesamt fast acht Stunden erreichen wir die im Nebel liegende Amberger Hütte (2.135 m). Zeit für ein Erfrischungsgetränk und Gemütlichkeit am Ofen. Ein Kernstück dieser Durchquerung liegt hinter uns.

Die Nacht auf der Amberger Hütte war ruhig. Die Hütte zählt nur wenige Besucher, denn viele haben aufgrund der schlechten Wetterprognose abgebrochen oder abgesagt. Wir nehmen es wie’s kommt und blicken vom Hüttenfenster aus in eine weißes, dicht vernebeltes Draußen. Heute steht der zweite Teil unserer Durchquerung auf dem Programm – der Übergang von der Amberger Hütte zum Stubaier Gletscher über den Hinteren Daunkopf (3.225 m).

Der morgendliche Blick aus dem Hüttenfenster.
White Out – Markierungsstangen und gute Gebietskenntnisse helfen bei der Orientierung.
Oberhalb der Sulze entsteigen wir der Hochnebeldecke und der Blick auf die umliegenden Gipfel wird frei. Der Eintritt ins Oberhell ist ein besonderer Moment.
Der Gipfel des Hinteren Daunkopf versteckt sich noch, die Sonne nicht mehr. Immer besseres Wetter trägt zur guten Laune und zugigem Vorwärtskommen bei.
Blick auf den Sulztalferner. Wir biegen vorher ab in ein vom Talboden aus kaum sichtbares Kar, das den Übergang zum kleinen, nordeitigen Gletscher am Daunkopf bildet.
In Einsamkeit – es sind weit und breit keine anderen Gruppen und Tourengeher sichtbar – nähern wir uns der Dreitausendermarke.
In Einsamkeit – es sind weit und breit keine anderen Gruppen und Tourengeher sichtbar – nähern wir uns der Dreitausendermarke.
Was für ein freundlicher Beobachter!
Nun rückt der Gipfel ins Blickfeld. Ein Aufschwung noch dann stehen wir am Gipfelgrat.
Wir sind uns einig, dass nicht immer ein wolkenloser Himmel den perfekten Rahmen eines Tourentages bildet. Heute zum Beispiel tritt die Wetterbesserung genau im richtigen Moment ein – zu Abschluss unserer Tour und vor Betreten des Gipfelbereichs.
Blick zum Windacher Daunkogel (3.351 m) und dem darunter liegenden Sulztalferner. Wir sind die einzigen hier oben und genießen eine wunderbare Stimmung, die die Dramaturgie unserer Tourentage nicht besser hätte steigen lassen können.
Die letzten Meter vor dem Skidepot. Die umliegenden Täler sind von Hochnebel überdeckt und umso mehr schätzen wir freie Blicke und Sonnenschein.
Windstill und aussichtsreich. Wir erreichen den letzten Gipfel unserer Durchquerung – den Hinteren Daunkopf. Wir befinden uns an der Grenze zum Skigebiet am Stubaier Gletscher und wissen, dass uns nur noch eine lange Abfahrt vom Endpunkt dieser Tour trennt.
Der Hintere Daunkopf ist ein idealer Skitourengipfel der von mehreren Seiten bestiegen werden kann. Wir tummeln uns öfter an seinem Gipfel – vor allem im Zuge von Durchquerungen und Ausbildungstouren.
In der Abfahrt vom Daunjoch zum Stubaier Gletscher tauchen wir wieder in die Nebeldecke ein. Der Schnee ist sulzig und schmiert bei jedem Schwung. Wir tragen Glücksgefühle in uns.
Nach fünf Tagen beenden wir die gemeinsame Zeit an der Mutterbergalm. Viel ist passiert in den letzten Tagen – mit uns und um uns. Nach drei Tagen ohne regelmäßigen Gebrauch unserer Smartphones tauchen wir wieder ein in die Zivilisation und in den Alltag. Wir werden dabei von den Erlebnissen dieser Tour zehren.

Einen herzlichen Dank an Hati Finsterer von Alpsclimbing für das gute Co-Guiding. Für uns als lokale Bergführervereinigung ist es schön mit Kollegen von außerhalb zu kooperieren und dabei den Austausch zwischen uns zu fördern.

Bild Verfasser

Verfasst von

Matthias Knaus

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